Von Kiel bis Garmisch-Partenkirchen, von Dresden bis Köln – überall findet der Kaffeeliebhaber kleine Spezialitätenröstereien. Rund 600 kleine Kaffeeröster soll es in Deutschland geben. Auf meiner persönlichen Deutschlandkaffeekarte stelle ich meine Lieblingsplätze und deren Köpfe vor. Ich weiß, dass es sich lediglich um eine kleine, subjektive Auswahl handelt. Aber mir ist es wichtig, dass ich diese Röstereien persönlich besuchte und in den Genuss eines (oder mehrerer) Kaffees kam. Im Folgenden findest Du meine Favoriten:  

Meine Kaffeerösterei-Favoriten

FRANKFURT AM MAIN

Hoppenworth & Ploch

Mittlerweile hat diese Spezialitätenrösterei drei Ladengeschäfte: eines im Frankfurter Westend (Uni Campus), eines im Nordend (Friedberger Landstraße 86) und das „jüngste Baby“ in der Neuen Altstadt. Dort, im alten, wieder aufgebauten Viertel Frankfurts, hat die Rösterei unweit des Stoltze-Brunnens einen langen, schmalen Raum bezogen, der zur rechten Seite von einigen Fenstern aus dunklem Holz gerahmt wird.

Dort sind Sitznischen integriert, die farblich ins Auge stechen. Die Bezüge der Sitzmöbel erinnern etwas an „Safari-Look“. Ausgeschenkt werden hier eher hell geröstete Kaffeespezialitäten. Um den Müll von Kaffeeverpackungen zu reduzieren, hat die Rösterei ein Pfandsystem mit Glasbehältern eingeführt. Der Kunde kann seine Bohnen direkt hier abfüllen lassen. Super Idee! Die Rösterei gründeten 2009 die beiden Unifreunden Matthias Hoppenworth und Julian Ploch.

Adresse: Markt 22, 60311 Frankfurt am Main.

FREIBURG IM BREISGAU

Schwarzwild

Der hohe Norden gab Andrea Jauch den Impuls ihre eigene Gourmetrösterei Schwarzwild im Herbst 2011 zu eröffnen. Nach einem Besuch einer Rösterei in Oslo sprang der Kaffee-Funke endgültig auf sie über. Seitdem kann man sich in der Kartäuserstraße – zwischen Freiburger Münster und neuem Dreisamstadion, gleich nach dem Schwabentor gelegen –  vom Duft der Bohnen verzaubern lassen.

In einem schönen Hinterhof hat sie in einer alten Schmiede ihre Rösterei eingerichtet. Die Diplom-Betriebswirtin Jauch erwarb nicht nur in einem zusätzlichen Studiengang „The Science and Art of Coffee“ (Zürich) ein Zertifikat, sondern sie ging auch von Beginn an neue Wege. So scheute sie sich nicht die Kaffeegattung Robusta, die im Vergleich zum großen Bruder Arabica, immer die „ungeliebte Schwester“ ist, zum Kaffeegenuss zu rösten. Ihr ständiges Ausprobieren brachte ihr und der Region Breisgau den Titel „Rösterin des Jahres“ (2013) ein – die Auszeichnung in Deutschland, Österreich und der Schweiz schlechthin. Der Name Schwarzwild leitet sich nicht, wie man vielleicht vermuten kann, von Wildschwein ab, sondern ist eine Reminiszenz zum Schwarzwald.

Schwarzwild am Fischbrunnen – im Hintergrund das Freiburger Münster

Anders als der Straßenname des Ordens, der ein Einsiedlerleben mit dreimal wöchentlich Fasten (Brot, Wasser, Salz) und ein Genussverbot vorsah, vermuten lässt, wartet auf jeden Freiburgbesucher aus Nah und Fern in der Kartäuserstraße ein besonders leckerer Gourmetkaffee.

Adresse: Kartäuserstraße 60, 79102 Freiburg im Breisgau

GARMISCH-PARTENKIRCHEN

Wildkaffee

Wie im Sport, so beim Kaffee – immer das Beste rauskitzeln und vor allem: Go wild! Mit diesem Motto ausgestattet, gründeten die beiden ehemaligen Leistungssportler Leonhard „Hardi“ und Stefanie Wild 2010 in Garmisch ihre Rösterei „Wildkaffee“ (Fotos: © wildkaffee). Sie kaufen die Bohnen roh, direkt bei Bauern u. a. aus Guatemala, El Salvador, Ruanda oder Brasilien.

Ihr Erfolgsrezept: Wildkaffee setzt hier auf langjährige Geschäftsbeziehungen, Vor-Ort-Besuche bei den lokalen Kaffeebauern inklusive. Und diese Wertschätzung für die Arbeit der Farmer und das Produkt sieht man auch in der stylischen Showrösterei in Garmisch-Partenkirchen. Im vorderen Teil eine geschwungene Theke mit Kaffeemaschine, Mühlen und Filterkaffeeapparaturen. Jede Tasse – derzeit stehen 18 Kaffees zur Auswahl – wird hier von den beiden Barista Elisabeth und/oder Robin feierlich zubereitet. Im hinteren Bereich, eine Glasscheibe dient als akustische Trennwand, läuft die Röstmaschine und wird der Spezialitätenkaffee verpackt. Zudem zieren die Wände ein großflächiges Graffito – hier ist natürlich auch Hardi´s Urgroßvater Leonhard Panholzer verewigt, der ab 1892 in seinem Lebensmittelladen, ein absolutes Novum im Werdenfelser Land, gerösteten Kaffee verkaufte – und wunderschöne Porträtfotos der Kaffeebauern, mit denen Wildkaffee zusammenarbeitet.

Adresse: Bahnhofstraße 40-42, 82467 Garmisch-Partenkirchen

INGOLSTADT

district V

„Wir denken Kaffee neu“ – mit diesem Motto gründeten Tobias Stehle und Michael Menrad 2015 die Rösterei. Zuerst vertrieben sie die Bohnen an Gastronomen, dann eröffneten sie für ein halbes Jahr ein Pop-up-Cafè. Doch seit Mai 2018 haben die beiden Freunde ihren Traum verwirklicht und eröffneten in der Altstadt ein nagelneues Kaffee.

Damit gibt es neben der Geschichte (u.a. Gründung der ersten bayerischen Universität, Ort von Mary Shelleys Frankenstein, Heimat eines Automobilbauers) einen koffeeinhaltigen Grund nach Ingolstadt zu fahren.

Adresse: Donaustrasse 3, 85049 Ingolstadt.

KÖLN

Einbrand

In dieses kleine Cafè der Rösterei Einbrand kann man sich nur verlieben: In der Kölner Südstadt gelegen, lädt es mit seinem Wohnzimmercharme zum Wohlfühlen ein. Das Markenzeichen von Einbrand (gegründet 2011) ist eine Reminiszenz an das Tier, das, so will es eine Legende, am Kaffeestrauch „naschte“ und zur Überraschung ihrer Hirten komplett aufdrehte: die Ziege.

Einbrand wiederum ist der Fachbegriff für den Feuchtigkeitsverlust der Bohne, der beim Rösten entsteht und bei dem nahezu ein Fünftel des Rohkaffee-Gewichts verloren geht.

Adresse: Bonner Straße 38, 50677 Köln

LEIPZIG

elstermühle

Seit 2018 verwöhnt die elstermühle die Leipziger Gäste aus Nah und Fern mit ihrem frisch gerösteten Kaffee. Alle Röstungen enden bei der elstermühle mit dem ersten crack der Kaffeebohnen. Das ist der Moment bei dem die Kaffeebohnen beim Röstvorgang ihre Aromen entfaltet und den typischen Geschmack formt. Beim  italienischen Kaffee wird neben einem Blend aus Arabica- und Robustabohnen sehr dunkel geröstet, d. h. der Röster wartet den „second crack“ der Kaffeebohnen ab. Gegenüber der Rösterei befindet sich nicht nur die Blüthner-Villa – hier stellte Julius Blüthner seine Konzertflügel aus – aus dem 19. Jahrhundert, sondern es entwickelt sich dort ein spannendes Viertel und ist Teil des Leipziger Stadthafens. Denn Leipzig liegt an der Weißen Elster, der Pleiße, der Parthe und der Luppe. Früher oder später ist es das Ziel, Leipzig mit einem Ruderboot zu erkunden.

Die Rösterei lädt auch zu Entdeckungen der Sehenswürdigkeiten der wunderschönen Bachstadt Leipzig ein.

Adresse: Käthe-Kollwitz-Straße 67a, 04109 Leipzig

Nicht nur die Thomaskirche mit dem Grab von Johann Sebastian Bach – seine Kaffeekantate feierte übrigens im Zimmermannschen Kaffeehaus in Leipzig Premiere -, sondern auch das Haus des amerikanischen Fotografens Robert Capa (Jahnallee 61) sind fußläufig erreichbar. Als Historiker gefallen mir natürlich die Namen der Röstungen von Ehepaar Rose: die beiden Markgrafen von Meißen aus dem Hause Wettin, Otto der Reiche (1125-1190) und Albrecht der Stolze (1158-1195), Kaiser Karl der Große (747-814) oder der sächsische Kurfürst August der Starke (1670-1733) sind hier im Sortiment. Ein wahrer Hingucker ist das Kaffeelager der Elstermühle: Drei Schiffcontainer – ein von einem Modeschöpfer übernommener Messestandbau.

MÜNCHEN

gangundgäbe

Andreas Postrach erfüllte sich mit der Rösterei und dem Café (Fotos: © gangundgäbe/Markus Postrach) einen Traum. Ein längerer Aufenthalt in Ecuador brachte ihn vor vielen Jahren in Kontakt zum Kaffee. Seitdem hat ihn diese Faszination nicht mehr losgelassen. Bei cooler Jazzmusik kann der Gast ganz entspannt die Kaffees genießen.

 

Aktuell gibt es im gangundgäbe fünf verschiedene Kaffees, die je nach Kaffee von schokoladig nussig bis hin zu fruchtig und floral schmecken. Den Rohkaffee bezieht Andreas Postrach aus Direktem Handel mit Kaffeekooperativen. Damit kann er den Kaffeebauern im Ursprungsland eine faire Bezahlung ermöglichen. Zweimal vormittags röstet er den Kaffee frisch. Der Gast nimmt auf Holzstühlen an den Tischen Platz, die immer liebevoll mit einem Blumenstrauß verziert sind. Mehrmals im Jahr veranstaltet Andreas Postrach in seinem Café zudem hörens- und sehenswerte Jazzabende. Hier müssen Interessierte schnell sein. Die Tickets für dieses außergewöhnliche Erlebnis sind schnell vergriffen.

 

Adresse: Kapuzinerstraße 12, 80337 München

MÜNCHEN

alrighty

Im Münchner Werksviertel gibt es seit kurzem eine neue, spannende Koffeeinadresse. Der Kopf hinter dieser Rösterei ist Volker Meyer-Lücke. Im Kunst- und Kulturviertel, unweit des Münchner Ostbahnhofes, setzt er sich für specialty coffee ein. Hier wird ganz besonders darauf geachtet, aus welchem geographischen Anbaugebiet die Bohnen stammen. Bei alrighty findet jeder Kaffeeliebhaber Bohnen vom „Mutterkontinent des Kaffees“, Afrika. Für mehr soziale Teilhabe unterstützt die Rösterei vor allem Kaffeebäuerinnen in Kamerun, Kongo, Ruanda und  Äthiopien. Als national geographic-Leser bin ich unter anderem mit der spannenden Umweltaktivistin Jane Goodall aufgewachsen. Mit Mrs Goodall, der britischen Verhaltensforscherin von Schimpansen, hat die Rösterei eine enge Kooperation für Umweltprojekte ins Leben gerufen.

Einen verdammt leckeren Filterkaffee habe ich dort entdeckt – aus dem Kongo. Dieser Spezialitäten-Kaffee von female farmers im Ost-Kongo geerntet, ist ein recht starker Kaffee und sehr reich an Aromen.

Adresse: Speicherstraße 28, Werk 13, 81671 München

NÜRNBERG

Bergbrand

Mit der Kaffeerösterei Bergbrand hat die Weißgerbergasse – sie zählt mit Fug und Recht zu den schönsten Gassen Nürnberg – an zusätzlicher Attraktivität gewonnen. Seit 2015 verwöhnt Jörg Scheuffler Kaffeegenießer mit Bohnen aus Südamerika und Indien. Beim Betreten der Rösterei fällt eine große Liebe zu Natur und Bergen auf (verantwortlich das Innenarchitekturbüro Caroline Dippold).

Das liegt nicht nur an den im Laden vorzufindenden Berg-Accessoires – von alten Holzskier über Wanderschuhe und Bergfotos bis hin zu einer an der Decke hängenden roten Spielzeugseilbahn -, sondern auch am dominierenden Material der Inneneinrichtung: Grob behauenes Holz, das aus alten Chalets zu entstammen scheint. Dieses Naturmaterial bildet einen Kontrast zu dem ansonsten in grau gestrichenen bzw. gefliesten Innenraum. Hinter einer großen Glasscheibe, die Produktion und Kaffee trennt, steht eine große Probat-Röstmaschine.   
Mit einem guten Kaffee gestärkt sollte sich unbedingt ein Spaziergang durch die Weißgerbergasse anschließen, einem alten Handwerksviertel an der Pegnitz mit seinen rund 20 mittelalterliche Fachwerkhäuser. Derzeit noch ein bisschen abseits der Haupttouristentrampelpfade gelegen, wird sich dies wahrscheinlich mit der in diesem Jahr anvisierten Eröffnung des Neubaus vom Deutschen Museum ändern. Das Museum, entworfen durch das Berliner Büro Staab Architekten, befindet sich fußläufig zur Rösterei.

Adresse: Weißgerbergasse 38, 90403 Nürnberg