Ein literarisches Meisterwerk über Kaffee schuf der deutsch-amerikanische Schriftsteller und Journalist Heinrich Eduard Jacob  (1889-1967) und das vor fast 100 Jahren. Mit seinem Buch „Kaffee: Die Biografie eines weltwirtschaftlichen Stoffes“ goss Jacob im Jahr 1934 [Foto: © ANNO Histor. österreichische Zeitungen und Zeitschriften (Österreichische Nationalbibliothek) / Porträtaufnahme in der Hörfunk-Zeitschrift Radio Wien (22.02.1927, S. 7)]  seine Leidenschaft für Kaffee in Worte.

Kaffee in der Literatur – der Buchtipp

Diese Passion entbrannte bei ihm bereits als 7-jähriger Junge – er kam am 7. Oktober 1889 in Berlin auf die Welt -, als vor den Toren Berlins fand von Mai bis Oktober 1896 im Treptower Park die Berliner Gewerbeausstellung stattfand. Zum ersten Mal roch Jacob frisch gerösteten Kaffee. Denn in Berlin wurde eine zylindrische Maschine von John Arbuckle dem Publikum vorgestellt. Mit dieser Rösttrommel konnte endlich eine gleichbleibende Röstqualität von Kaffeebohnen garantiert werden. Der Kaffee ließ Jacob seit diesem Erlebnis nicht mehr los. „Ich war ein armseliger Konsument“ und „besaß nur die Vision von allem – und vielleicht auch die Sprachkraft es auszudrücken.“ (S. 287).

Schließlich war für Jacob „eine Tasse Kaffee ein Wunder“, „ein aus den feinsten Verhältniszahlen harmonisch zusammengesetztes Wunder, wie ein Klavierakkord.“ (S. 37).

Im Verlagsgeschäft gibt es den Begriff der sogenannten Coffee Table Books – schöne Schmöker in qualitativ hochwertiger Ästhetik. Und Jacobs Kaffeeliteratur wäre ein heißer Kandidat und ein Muss in jeder Bibliothek eines Literaturhauscafés oder in der Leseecke einer Rösterei.

Nach fünf Romanen und einem Band mit Novellen galt Heinrich Eduard Jacob als Hoffnungsträger der jungen deutschen Literatur in der Weimarer Republik.

Parallel schrieb er auch regelmäßig journalistische Artikel u.a. für das Berliner Tageblatt. Diese Zeitung war ein führendes Medium in Deutschland, es galt als bedeutendste, liberale Stimme in der Weimarer Republik.  

Geprägt wurde Jacobs schriftstellerisches und journalistisches Werk sicherlich von der Hyperinflation (1923), die unter anderem auch den Kaffeepreis in astronomische Höhen trieb. Insgesamt nahm der Kaffeeverbrauch in der Weimarer Republik zu, wie das Statistische Reichsamt (1923-14, 20.7.1923) in „Wirtschaft und Statistik“ auswies. Wurden 1922 im Durchschnitt 3.068 Tonnen Kaffee nach Deutschland importiert, waren es im Mai 1923 6918 Tonnen.

Die Verbraucherpreise stiegen in kürzester Zeit. So kostete beispielsweise im Jahr 1923 eine Tasse Kaffee 7.000 Mark, im August 1923 wurde in Kiel für ein Pfund Kaffee 663.000 Mark „aufgerufen“. In Mannheim stieg der Großhandelspreis für 100 Kilogramm Kaffee binnen eines Jahrzehnts von 230 Mark (1913) auf unglaubliche, inflationäre Summen von 3.570.000 Mark (Mai 1923) und 7.100.000 Mark (Juni 1923).

In einem Zeitungsartikel für das Berliner Tageblatt schrieb Jacob schockiert über ein Erlebnis in einem italienischen Cafè (Titel: Solidarität, 5.12.1923): „Nirgendwo in Deutschland könne man einen Kaffee und zwei Kuchen für vierzig Goldpfennige bekommen.“ Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen „Achterbahnfahrt“ wurde Jacob ab 1927 nach Wien versetzt, um dort das Mitteleuropäische Büro des Berliner Tageblatts zu leiten. Der Umzug nach Wien – er ging dort von 1898 bis 1900 sogar zur Schule, sein Abitur machte er 1909 in Berlin -, das Paradies der Kaffeehäuser, war für seine Affinität zum Kaffee sicherlich förderlich.

Original-Pin anlässlich der Landung des „Graf Zeppelin“ LZ 127 auf dem Birsfelder Sternenfeld (Basel, 12.10.1930) 

Journalist in Wien

In Wien lebte er zuerst in der Reisnerstraße 61, dann zog er in den 8. Gemeindebezirk um. Seine neue Adresse war ein Gründerzeithaus.

Hier lebte Jacob in einem Jugendstilhaus (aus dem Jahre 1913; Architekt: Arpad Mogyorosy) in der Skodagasse 15. Kerngeschäft seiner Korrespondentenzeit war es, über politische, volkswirtschaftliche, literarische und musikalische Ereignisse zu berichten. Auf Einladung des Zeppelin-Konstrukteurs und Flugkapitäns Dr. Hugo Eckeners nahm er als Gast an einem der ersten Zeppelin-Direktflüge von Friedrichshafen nach Pernambuco teil – der erste Nonstopflug, der bis 1937 Deutschland und Brasilien verband. Über diese Reise verfasste er eine Serie an Reportagen, die im Berliner Tageblatt erschienen. 

Sein erster Artikel „Zeppelin über den Balearen. Glatter Start nach Mitternacht“ erschien am 21.3.1932. Der im Jahr 1928 fertiggestellte LZ 127 Graf Zeppelin war ein Pionier des Transatlantikflugdienstes – der erste Nonstopflug, der bis 1937 Deutschland und Brasilien verband. Der Zeppelin landete in Recife, im Bundesstaat Pernambuco. Jacob schwärmte in seinem Artikel „Mit dem Zeppelin nach Pernambuco (3.4.1932) von dem Flug und schlug die Werbetrommel für diese Luftschiffe: „Und wenn jetzt wieder die Nörgler (…) nicht einsehen wollen, dass heute selbst Wunder rentabel sind. Luftfahrt für alle.“ Um gleich weiter zu schwärmen: „Wir werden Amerika früher sehen als der Schiffsjunge des Kolumbus. (…) Brasilien. Da (…) mächtiges Land unter unserem Schiff. (..) Die Landung wird zur Luftprozession.“

 

Jacob reiste nach Brasilien, dem damals größten Kaffeeexporteur. Für 50 Kilogramm Santos-Kaffee – Namensgeber war der brasilianische Hafen Santos – wurden 60,40 Reichsmark (1930) „aufgerufen“. Im Jahr von Jacobs Brasilienreise (1932) fiel der Preis auf 50,34 Reichsmark.

Alleine von den Kaffeeausfuhren Brasiliens (1930) in Höhe von 1,9 Milliarden Mark gingen 8,8 Prozent nach Deutschland. Sogar die Politiker schreckten vor dieser „Weltmacht des Kaffees“

Brasilien der Kaffee-Exporteur Nr. 1

und dem wichtigsten Kaffeeproduzenten in der Weimarer Republik zurück, als beispielsweise über die Zollerhöhung für Kaffee diskutiert wurde. „Ein Zollkrieg mit Brasilien (…) würde für Deutschland ungünstig sein“, wie es in der Sitzung der Zweiten Großen Koalition der Weimarer Republik (Kabinett Hermann Müller II) am 20. Februar 1930 hieß.

Aufgrund der Bedeutung Brasiliens als Kaffee-Akteur Nr. 1 ist es auch wenig überraschend, dass Jacob dem Land ein großes Kapitel in seinem Kaffeebuch – auf das später eingegangen wird. Vor diesem Kapitel berichtet er, dass in seinen Anfängen der Kaffee gemeinsam und außerhalb der vier Wände konsumiert wurde. Es war ein öffentliches, vor allem männliches Ritual.

Jacob gelang in den einzelnen Kapiteln des Buches „Kaffee – Die Biographie eines weltwirtschaftlichen Stoffes“ einen spannenden Streifzug durch die kulturhistorische, geschichtswissenschaftliche sowie wirtschaftliche Welt des Kaffees zu vollbringen. 

Meine persönlichen, favorisierten Bonmots der kulturhistorischen Abhandlung über die Geschichte des Kaffees. Spannende Kaffeepassagen im Buch, weil sie das eigene Wissen bereichern:

Über das Wiener Kaffeehaus schrieb er: „Behörde und Kaffeehaus waren die einzig wirklich bestimmenden Punkte im Leben des K.u.K Untertanen. (…) Der Wiener, der in seinem Café sitzt, befindet sich in einer Sphäre zwischen Heim und Öffentlichkeit“. (S. 205).

Fotoquelle: Buch-Cover der Neuauflage aus dem Jahr 2006 durch den Oekom-Verlag (ISBN: 978-3-86581-023-6)

Ein Kaffeehaus war auch oftmals Ausgangspunkt von Revolutionen. Im Jahr 1820 brach die Revolution im Madrider Kaffeehaus „Il Lorenzoni“ aus. Bei den italienischen Unabhängigkeitskriegen der italienischen Staaten gegen die Habsburger waren Kaffeehausverschwörungen oftmals Ausgangspunkt. So spielte im Risorgimento (1815-1870) Kaffeehäuser in Venedig, Verona oder beispielsweise das Caffè Pedrocchi (Padua) eine wichtige Rolle. In Italien lebte Jacob für einige Monate nach seinem Abitur und dort wäre er zum „Humanisten“ geworden. (Salzburger Volksblatt, 14.1.1938, S. 8)

Nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ war es alles andere als selbstverständlich, dass das Kaffeebuch noch beim Rowohlt-Verlag veröffentlicht wurde. Dies ist wahrscheinlich auf die lange, enge Verbundenheit zwischen Rowohlt und Jacob zurückzuführen, der für den Verlag sogar das Novellenbuch „Künstler und Narren“ (1925) von Honoré de Balzac aus dem Französischen übersetzte.  

Auf der am 25.8.1933 veröffentlichten Ausbürgerungsliste war Heinrich Eduard Jacob – zu diesem Zeitpunkt 44 Jahre alt – nicht einer der 33 Namen – auch wenn er mit seinem Buch „Blut und Zelluloid“ auf der „Schwarzen Liste“ für die Bibliotheken stand, die am Vorabend der Bücherverbrennung (z. B. am 10. Mai auf dem Berliner Opernplatz) unter anderem im Berliner Börsen-Courier (7.5.1933, S. 5-7) veröffentlicht wurde. 

Unter der Rubrik Die schwarze Liste „Schöne Literatur“ tauchte sein Name auf: „Ob sie (Bücher) ausgemerzt werden müssen, hängt davon ab, wie weit die Lücken durch gute Neuanschaffungen aufgefüllt werden.“

Mit einer Auflage von 4.000 Exemplaren kam sein Buch im Jahr 1934 auf den Markt. Noch bevor sein Buch über Kaffee im Rowohlt-Verlag erschien, sprach Jacob unter anderem über seine Brasilienreise im Radio.

In der Schweiz sprach er Ende August 1932 (27./28.8.) in den deutsch-schweizerischen Radiostationen in Basel, Bern und Zürich sowie im Radio Beromünster, ein öffentlich-rechtlicher Sender, der auf Mittelwelle sendete und sich seit 1931 einen Namen mit seinem Informations- und Kulturangebot machte. Jacob erzählte u.a. von „Graf Zeppelins Brasilienfahrt“, las aus seinem neuen Roman „Die Magd von Aachen“ vor und stellte seine Werke bei einer Lesung in Basel vor. Noch vor Erscheinen seines Kaffeebuches rührte er die Werbetrommel beim Sender Radio Wien.

So war er am 19.1.1934 (um 16 Uhr 30) mit der Geschichte „Wie der Kaffee nach Paris kam“ on Air. Am 31.1.1934 gab es auf derselben Welle eine Fortsetzung mit der Lesung „Wie der Kaffee nach England kam“ (um 16 Uhr).

Viel Werbung trotz Verbot

Der Rowohlt-Verlag bewarb im Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel (28.9.1934, S. 29) mit einer ganzseitigen Anzeige den „Roman des Kaffees“. Das Buch sei „ein Kunstwerk, ein kulturelles Gedicht, von dem eine frohe Erregung ausstrahlt, wie von der Kaffeebohne selbst.“

Die Anzeige überraschte, da nur wenige Monate (16. November 1933, S. 43) vorher, das Börsenblatt die Notiz veröffentlicht hatte, dass Jacob „eine deutschfeindliche Resolution“ unterzeichnet hätte.

 „Viele von oben genannten deutschfeindlichen österreichischen Schriftstellern sind aber noch heute mit ihren Büchern in deutschen Verlagen vertreten, sind in deutschen Buchhandlungen zu kaufen, werden von gedankenlosen deutschen Menschen gelesen. Fort mit ihnen aus Deutschland!“. Am 18. Februar 1935 wurde auf Antrag der Reichsschriftumskammer (RSK) Jacobs Gesamtwerk verboten.

Der Erfolg des Kaffeebuches verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Kurz nach der deutschen Erstausgabe verkaufte Rowohlt zahlreiche Lizenzrechte an ausländische Verlage in Großbritannien, in den USA, in Italien oder in Schweden. Die Buchtitel lauteten „The saga of coffee“ (London, 1935), „Coffee The epic of a commodity“ (New York 1935), „Biografia del caffe“ (Mailand 1936) und „Kaffets Saga och Segertag“ (Stockholm 1937). Kuriose Randbemerkung: Sein Buch in Großbritannien wurde vom Londoner Verlag George Allen & Unwin verlegt, zwei Jahre bevor dort J.R.R. Tolkiens „The Hobbit“ erschien.  

Insgesamt veröffentlichte Jacob zwischen Oktober 1927 und Mai 1933 über 950 Artikel.  Im Berliner Tageblatt (7.3.1933 bis 29.3.1933)oder in der Wiener Zeitung „Der Tag“ (10.9.1933 bis 10.11.1933) erschienen seine Novellen (wie z. B. „Aray und das Fieber“) über Brasilien, die später in seinem Buch „Treibhaus Südamerika“ eine literarische „Zweitverwertung“ fanden.

Ab 1850 teilten sich New York und London den Kaffeemarkt. „London war Weltbankier, mindestens war es der Bankier vieler kaffeebauender Länder. Die Kapitalskraft des Londoner Marktes war so groß. (…) In der frühesten Londoner Zeit fanden die Versteigerungen in einigen Kaffeehäusern statt. Der Volksmund nannte sie auction by candle.“ (S. 227-228) Seit den 1900er Jahre ist Kaffee ein „Weltwirtschaftsstoff“.

Sehr kritisch äußerte sich Jacob über die Kaffeepreisspekulation und wie sie sich über die Jahrzehnte entwickelte. „Der gleitende Preis dieser Welthandelsware war aber nicht nur ein Geschöpf waghalsiger Börsenspekulationen.“ (S. 223)

Unter dem Kapiteltitel „Die Diktatur Brasiliens“ – in der Literaturangabe finden sich 47 englische, portugiesische und deutsche Bücher – beschrieb Jacob den Stellenwert des Kaffees für Brasilien als wichtigstes Exportprodukt. Die brennenden Riesenscheiterhaufen aus Kaffeebohnen, die der Autor auf dem Flug von Rio in den Süden erblickte, bildeten eine ebenso eindrucksvolle wie düstere Episode seiner brasilianischen Reise. „Drei Dinge schufen den Siegesland Brasiliens als Erzeugungsland: Boden, Regierungsform, Arbeiterfrage.“ (S.237)

Jacob widmete dem brasilianischen Kaffee-Export mehrere Seiten, auch wenn sich „Wirtschaftsgeschichte schwerer als jede andere Geschichte“ (S. 248) schreiben würde. Im Dezember 1908 emittierte die Regierung Brasiliens eine Anleihe in Höhe von 5 Millionen Pfund, um alle bestehenden Valorisierungsverpflichtungen abzulösen und den Aufkauf von Kaffee in voller Höhe weiterzuführen. Diese „Defesa do café“ hatte das Ziel, den Kaffeeerwerb und die Zuleitung zum Mark staatlich zu kontrollieren: mit Hilfe des „Regierungskaffees“ versuchte die Regierung den Kaffeepreis künstlich hochzuhalten. Ab 1931 verbrannte der Staat überschüssigen Kaffee, die so genannte „Quemada do Cafè“ (S. 273).

Das Verbrennen des Ernteüberschusses zur Stabilisierung des Weltmarktpreises fand sogar Eingang in einen deutschen Film: „24 Millionen Pfund Kaffee verbrannt – das ist aber wirklich ´ne Affenschande“, sagte ein Arbeiter in der Straßenbahnsequenz des Films „Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt“, der 1932 in die Kinos kam (Drehbuch: Bertolt Brecht, Musik: Hanns Eisler).

Infokasten

Umschwung in der Kaffeepolitik? (Neue Zürcher Nachrichten, (30.10.1937, S. 3): 

„Ein Umschwung scheint sich, (…), in der brasilianischen Kaffeepolitik anzubahnen. Man ist endlich zu der Überzeugung gekommen, dass durch die Vernichtung des Materials (seit 1931 fast 23 Millionen Säcke zu je 60 Kg) den Preisen nicht auf die Beine geholfen werden kann. Es wird daher ein neuer Plan erwogen. Er geht dahin, die allgemeine Produktionsregelung durch eine lokale zu ersetzen. Die einzelnen Staaten Brasiliens hätten demnach den Pflanzern individuelle Quote zuzuteilen. Indem das brasilianische Kaffee-Übel an der Wurzel, nämlich bei der Erzeugung gefasst wird, hofft man der Vernichtung ein Ende zu machen.“

Der Besuch Brasiliens beeinflusste nachhaltig sein literarisches Werk. „Sage und Siegeszug des Kaffees“ war nur ein Buch seiner Brasilien-Trilogie – die anderen beiden waren „Treibhaus Südamerika“ (1934) und sein 1939 in New York fertiggestelltes Werk  „Estrangeiro. Einwandererschicksal in Brasilien“. Aufgrund seines Kaffeebuches wurde er zum 6. Internationalen deutschsprachigen Schriftstellerkongress (November 1960)in Berlin und vor dem Hintergrund der vordringenden Sachliteratur eingeladen. Jacob galt mit seiner verfassten Kaffee-Biografie und als Autor des später veröffentlichten Brotbuches als „Erfinder des Sachbuchs“ – in den 1930er Jahren war eher der Begriff „Tatsachenroman“ gebräuchlich.     

Kaffee und Literatur: Mit Ausnahme des im Jahre 1922 veröffentlichten Buches „All about coffee“ von William H. Ukers betrat Jacob mit seinem „koffeinhaltigen“ Sachbuch literarisches Neuland. Sein Buch basiert auf intensiven Recherchen, oder wie es die Kolonialwaren und Feinkostzeitung schrieb: Es zeigte „den Bienenfleiß des Verfassers“ auf. Er benötigte, wie das Neue Wiener Tagblatt (16.11.1934) recherchierte, „insgesamt fünf Studienjahre“ für die Darstellung „der mysteriösen Erscheinung des Kaffees“. Seine Biografie über Kaffee spannt einen mehrteiligen Bogen von Politik über Finanzen, Steuern und diplomatischen Intrigen bis hin zur Kontinentalsperre Napoleons. Das von Rowohlt verlegte Buch kostete bei seiner Veröffentlichung 5,50 RM. Die Leinen-Ausgabe hatte einen Preis von 8,50 RM.

Ein Presseecho voll des Lobes

Kaffee in der Literatur war etwas Besonderes – daher fielen auch die zeitgenössischen Rezensionen in Tageszeitungen lobend und über-schwänglich aus. Dies überrascht, weil der Autor zu diesem Zeitpunkt beim NS-Regime schon eine Persona non grata war. Eine Auswahl der Buch-besprechungen:

„In lebendiger Weise schildert der Autor die Atmosphäre des Wiener Kaffeehauses, die sich aus dem Aroma des stimulierenden Getränkes und dem Fluidum der Stöße von Zeitungen und Zeitschriften zusammensetzt.“

Neue Freie Presse

20.1.1935

„Es ist glänzend geschrieben, dazu belehrend und spannend. So wird eine Geschichte des Kaffees zu mehr als einer kulturgeschichtlichen Abhandlung, zu einem spannenden Roman, vom Siegeszug des Kaffees, der den Leser in seinen Bann schlägt.“

Kolonialwaren und Feinkostzeitung

9.11.1934

„Noch selten wohl ist man so graziös durch die Geschichte getragen worden. (…) Hier wurde zum ersten mal der großartig geglückte Versuch unternommen, nicht das Leben eines Menschen, eines Volkes, sondern eines Stoffe zu erzählen.“

Brünner Tagebote

9.12.1934

„Nationen haben um ihn (Anm. Kaffee) gerungen, wie sonst nur um Gold. (…) Es zeugt für die schriftstellerische Begabung des Verfassers, dass dieses Studium restlos in einer flüssigen und packenden Darstellung aufgegangen ist.“

Schlesische Zeitung

13.12.1934

„Jetzt kommt einer und wählt als Helden einer romanhaften Biographie einen leblosen Stoff, ein Ding, womit die Kaufleute handeln, den Kaffee, und siehe, es entstand ein so spannendes Buch, dass man von einem Griff sprechen kann.“

Frankfurter Zeitung

6.1.1935

Fantastic international press-review:

Auch international sorgte das Buch für Furore. So war das Buch „eines der ge-lesensten Weihnachtsbücher“ 1935 in New York (Der Morgen, 14.4.1936, S. 7). Es wurde mit Lobeshymnen überschüttet:

„It was done in such a readable and delightful manner that even a noncoffee drinker will be fascinated.“

The Times Book Review

1935

„This is a biography of coffee, coffee-houses and coffee drinkers. It records three centuries of world history from a refreshingly new point of view. The book ist he result of patient research, and Herr Jacob has collected his illustrations the world over – paintings by great masters, political cartoons of earlier days, and satirical sketches.“

The Times

29. November 1935

Interessante Facetten rund um das Kaffeebuch kam vor dem Wiener Gericht im Jahre 1938 zu Tage. Angeblich wies er seine Schwester an, so seine in den Innsbrucker Nachrichten wiedergegebene Aussage (9.2.1938, S. 15), „in Paris Kaffeeimporteure für sein „Kaffeebuch“ zu interessieren, weil darin die Frage der Kaffeevalorisation Erörterung findet.“ Des Weiteren gab Jacob vor Gericht an, dass der „kommerzielle Teil des Kaffeebuches von Frau Dr. Lilli Hahn“ (junge Journalistin, u.a. für die Frankfurter Zeitung schreibend – A.d.V.) stammte. Die Überprüfung dieser Aussage vor dem Wiener Gericht im Jahre 1938 – siehe unten aufgeführtes Kapitel „Häftling“ – konnte nicht vorgenommen worden. Oder war diese Darstellung nur ein aufgrund von Druck hervorgerufenes Geständnis?   

Heinrich Eduard Jacob ist eine faszinierende Persönlichkeit, die unbedingt wiederentdeckt werden muss. Sein Leben war von vielen Höhen und Tiefen geprägt. Hierzu passt die Personenbeschreibung aus der zeitgenössischen Zeitung Die Stunde (23.9.1932, S. 4): „Man kennt H.E. Jacob als Schriftsteller, der den tiefen Blick des Dichters mit der scharfen Beobachtungsgabe des Journalisten vereinigt“. Jacob war bekannt „als ausgezeichneter Interpret seiner Werke“, der „in eindrucksvoller Plastik (…) Menschen und Situationen mit fast greifbarer Deutlichkeit erscheinen“ (Die Stunde, 15.12.1932, S. 7) ließ.

Die einzelnen Lebensabschnitte sind in folgende fünf große Kapitel unterteilt:

 

  • Journalist
  • Romancier
  • Häftling
  • Mensch im Exil
  • Heinrich Eduard Jacob nach 1945.

Umzugstour in München: Thomas Mann lebte in verschiedenen Wohnungen (z. B. in der Feilitzschstr. 5 / Franz-Joseph-Str. 2 / Mauerkircherstr. 13 / Poschingerstr. 1) .

Die Gräber von Annette Kolb und Heinrich Mann befinden sich in München (Friedhof St. Georg / Bogenhausen) und in Berlin (Dorotheenstädtischer Friedhof).

Von "Die Weltbühne" bis "Berliner Tageblatt"

Die Erfolge als Schriftsteller

Die Jahre im Gefängnis und im KZ

Seine 13 Jahre in den USA

Seine Rückkehr nach Europa