Kaffeehaus-Revolutionen gab es viele. Das Kaffeehaus war schon immer eine politische Bühne. Die Kaffeebohne mit ihren 1200 Aromen war Auslöser von vielen Revolutionen. Die Kaffeehäuser waren Nachrichtenbörsen. Sie waren die Brutstätten und die Labore revolutionärer Ideen. Oder wie es der Journalist Anton Kuh ausdrückte: „Hier werden Meinungen gebildet, die Gemeinplätze und manchmal auch die Gemeinheiten.“ Der Schriftsteller Hermann Kesten schrieb in seinem Buch „Dichter im Café“ (1959): „Aber in unseren Cafes tuschelte die Freiheit und scherzte die Revolution. (…) Unsere Cafes waren gesprochene Zeitungen und Verschwörerhöhlen“.

Könnten Espressotassen sprechen, würden Baristas flüstern, könnten die Spiegel erzählen – sie würden viel von politischen Verschwörungen und Revolutionen bei einem schwarzen Kaffee erzählen.

Der Begriff Revolution wurde erstmalig 1660 in England verwendet. Er meint so viel wie „Zurückwälzen“ und „Zurückdrehen“ (revolvere).

In den USA, Frankreich, Italien, Spanien und Österreich (Teil 1 der Kaffeehausrevolutionen) gingen von den Kaffeehäusern revolutionäre Energien aus. Zudem tauchen im 17. und 18.- Jahrhundert die Begriffe „Kaffeehauspolitik“ und „Kaffeehauspolitiker“ in London, Paris und Amsterdam erstmalig auf.

Die Kaffeehäuser stehen für vieles: Fortschritt oder Reaktion, Demokratie oder Monarchie, Revolte oder Revolution, Opposition oder Regierungspartei.

Unter Revolution verstanden die beiden Schriftsteller Gustav Landauer und Theodor Fontane folgendes: „Die Konsequenz der Dichtung ist die Revolution, die Aufbau und Regeneration ist.“ (Landauer). Die Definition für Revolution von Fontane sah folgendermaßen aus: „Wer mit 19 kein Revolutionär ist, hat kein Herz. Wer mit 40 immer noch ein revolutionär ist, hat keinen Verstand.“

Kaffeehäuser, die Orte von Verschwörungen und der politischen Opposition, halfen den Grundstein für die liberale Aufklärung zu legen.

Als Praxis des freien Austauschs waren sie auch die Bühnen der freien Rede. Angesichts der Vielzahl der Revolutionen stimmen die Zeilen Thomas Manns (Chamisso) nicht ganz: Das Café „ist neutrales, vom Wechsel der Jahreszeiten unberührtes Gebiet“. Die Worte, die angeblich Benjamin Franklin sagte, sind zutreffender: „Der Kaffee verursachte eine richtig gehende Revolution der Sitten und belebte mit seinem mächtigen Einfluss die geistreichste Gesellschaft, die vielleicht jemals existiert hat.“

Gerade im europäischen Revolutionsjahr 1848 waren die Kaffeehäuser die Parlamente mit Koffein und ein Plenum mit Durchsetzungskraft.   

„Der Kaffee verursachte eine richtig gehende Revolution der Sitten und belebte mit seinem mächtigen Einfluss die geistreichste Gesellschaft, die vielleicht jemals existiert hat.“

Benjamin Franklin

Kaffeehauspolitik des 18. Jahrhunderts

Sie hatten einen im Tee

Kaffeehauspolitik des 19. Jahrhunderts

Marseillaise und Bastille bei Café double

God save the King

Un caffè è l´amore italiano

Aufstand mit Schmäh

Die Verfassung mit Koffein

Cádiz – die älteste Stadt Europas – war die Kaffeehauptstadt Spaniens. Um 1800 gab es dort rund 23 Kaffeehäuser. Diese andalusische Hafenstadt war ein Zufluchtsort von vielen, die aufgrund des Spanischen Unabhängigkeitskrieges (1808-1814) aus den vielen Provinzen nach Cádiz flohen. Cádiz war die einzige von den französischen Truppen unbesetzte Stadt. In dieser kosmopolitischen Stadt war zur Jahrhundertwende die Mehrheit der Bevölkerung Analphabeten – im Jahr 1803 waren dies rund 94 Prozent. Daher erfüllten Kaffeehäuser eine wichtige Funktion, weil dort die Zeitungen vorgelesen wurden. Hier tagte auch die Cortes von Cádiz, eine verfassungsgebende Versammlung von 1810 bis 1813.

Als wichtige Kaffeehausadressen sind das Café de Orta – der Ort der Patrioten – und das Café de las Cadenas zu nennen. Letzteres Café wurde auch als „Casa del Señor don Quijote de la Mancha“ bezeichnet, weil es mit Wandteppichen dekoriert war, die Szenen aus Cervantes‘ Werk darstellten.

Der wichtigste Ort war aber das Café Apolo. Im Apolo, das von Ramón Soler, einem Mann aus Barcelona, betrieben wurde, wurde diskutiert und verhandelt. Die Gespräche hatten ein solches Ausmaß, dass man sagte, dass sie die Verhandlungen in den Cortes beeinflussten. Das Volk taufte das Apolo „Las Cortes chicas“.

Das Apolo war das Thermometer des kulturellen und politischen Lebens von Cádiz. Mit einem zeitlichen Vorsprung wussten die Gäste immer schon früher die Neuigkeiten der Las Cortes. Vor allem im zweiten Stock fanden die intensivsten Gespräche statt. Der Mailänder Koch Santiago Pirra kümmerte sich um die Debattierenden. In dem elisabethanischen Gebäude, das von Diego Filguera (1758) stammte, versammelte sich ein Querschnitt der Bevölkerung mit unterschiedlichen politischen Richtungen: von Vertretern der spanischen und lateinamerikanischen Gesellschaft über die Aufgeklärten und die Verfassungstreuen bis hin zu den Liberalen. Im Apolo arbeiteten sie die Verfassung aus, die dann am 19. März 1812 verkündet wurde. Mit der Verkündung der ersten liberalen Verfassung war Cádiz sogar kurzfristig die Hauptstadt.  

Als Ferdinand VII im Jahr 1814 die Verfassung von Cádiz annullierte, soll es sogar ein Gerichtsprozess gegen einige Teilnehmer der Versammlungen des „Alto Apolo“ gegeben haben. Es wurde den Angeklagten vorgeworfen, dass sie den Monarchen vor Gericht stellen und ihn zum Tode verurteilen wollten. Ein Umstand, der jedoch nicht bewiesen werden konnte.  

Die Verfassung von Cádiz – aufgrund des Verkündungsdatums (19. März; Feiertag des heiligen Joseph) auch Le Pepa genannt – war die erste schriftlich niedergelegte Verfassung.  In Artikel 1 wurde definiert, wer zur spanischen Nation gehörte („La Nación española es la reunión de todos los españoles de ambos hemisferios“). Der 3. Artikel legte fest, dass die Gesetzgebung bei den Cortes zusammen mit dem König lag. („La soberanía reside esencialmente en la Nación, y por lo mismo pertenece a ésta exclusivamente el derecho de establecer sus leyes fundamentales.“). Ein Novum wurde der Artikel 173. König Ferdinand VII erhielt den neuen Titel-Zusatz „König durch die Gnade Gottes und die Verfassung“ („El rey por la gracia de Dios y la Constitución de la Monarquía española“) – die königliche Bindung an die Verfassung war ein Meilenstein.  

Das Nuevo Café spielte in der Revolution (Sexenio Revolucionario) von 1868 eine tragende Rolle. An den Tischen versammelten sich die an der „La Gloriosa“ beteiligten Aufständischen unter Admiral Juan Bautista Topete y Carballo, der in Cádiz stationiert war. Der Militäraufstand endete mit dem Sturz und der Flucht von Königin Isabella I. nach Frankreich.

Fortsetzung folgt

Die spannende Weltreise rund um die Kaffeehaus-Revolutionen findet seine Fortsetzung. In Teil 2 stehen die politischen Kaffeehäuser im 20. Jahrhundert im Mittelpunkt. Dabei werden die Rebellionen in Deutschland, Polen, der Tschechischen Republik, Ungarn, Russland, Portugal, Ägypten und Indien beschrieben.